Ein schicksalträchtiges Datum
Am 9. November, dem Tag der Reichspogromnacht, müssen die Isselburger Politiker entscheiden,
ob es in Anholt eine Gedenktafel und ein Hinweisschild für die ehemalige Synagoge geben soll.
Isselburg-Anholt
Kann es für den Antrag von Elisabeth Hennig und Christine Günther ein besseres Datum geben als den 9. November? Am kommenden Dienstag, wenn sich die Reichspogromnacht zum 66. Mal jährt, wird sich der Haupt- und Finanzausschuss (HFA) der Stadt mit dem Anliegen der beiden Anholterinnen beschäftigen. Hennig und Günther wollen, dass in den Gehweg vor dem ehemaligen Standort der Anholter Synagoge eine bronzene Gedenktafel eingelassen wird. Die Synagoge stand an der Niederstraße in Höhe des Hauses Nummer 31 (das BBV berichtete). Das jüdische Gotteshaus wurde bei Bombenangriffen gegen Ende des Zweiten Weltkrieges am 22. März 1945 zerstört.
„Seit einigen Jahren bemühen wir uns darum, dass die im Laufe der Nachkriegsjahre verdeckten Spuren jüdischen Lebens in unserer Stadt wieder präsent gemacht werden”, haben Hennig und Günther in einem Brief vom 6. August 2004 an Bürgermeisterin Margret Koch geschrieben. Wenn Hennig durch ihren Garten spaziert, dann sind ihr die Spuren jüdischen Lebens und Sterbens vor Augen. Ihr Grundstück im Dwarsefeld grenzt direkt an den Jüdischen Friedhof.
Bei einer Gedenktafel wollen es die beiden nicht belassen. „Darüber hinaus wäre es sehr sinnvoll, wenn zudem an dem Straßenschild Niederstraße eine Hinweistafel angebracht werden würde”, findet Hennig. Der Inhalt schwebt ihr auch schon vor: „In Höhe des Hauses Niederstraße 31 stand von 1831 bis 1945 die Anholter Synagoge.”
Um Geld für ihre Idee geht es den beiden nicht. Die Kosten für die Gedenktafel haben sie schätzen lassen - auf einen Betrag von 986,40 Euro. Das Geld könnte über Spenden hereingeholt werden, hat Hennig gestern im BBV-Gespräch angedeutet. Geht es nach ihr und Christine Günther, dann soll auf der Tafel ein Psalm-Spruch stehen: „Dies ist die Pforte des Herrn; Gerechte treten da ein”.
Außerdem sollen Informationen zum jüdischen Leben in Anholt dazukommen. Zum Beispiel, dass es schon Spuren im Jahre 1616 gab, die sich mit der Verfolgung und dem Tod im Dritten Reich verliefen. Oder dass es jüdisches Leben heute in Anholt nicht mehr gibt.
Die Synagoge an der Niederstraße kam während der Pogromnacht vor 66 Jahren übrigens relativ glimpflich davon. Weder die Synagoge noch das Haus der jüdischen Familie Cussel am Steinweg wurden beschädigt oder zerstört. Schlimmer traf es dagegen die Familie Sander-Cleffmann in Werth. Das haben Hennig und Günther herausgefunden.
Die Familie Cussel war offenbar die letzte Familie aus Isselburg, Werth und Anholt, die Deutschland auf dem Fluchtwege verlassen musste - rund ein Jahr nach der Reichspogromnacht. Die Familie soll Unterschlupf in den Niederlanden gesucht haben, wurde aber in die Konzentrations- und Vernichtungslager nach Polen deportiert und dort ermordet. Helmut Sander aus Isselburg überlebte dagegen das Ghetto in Riga und lebte bis zu seinem Tod in den 80er Jahren in Henrichenburg.
Sie kämpfen dafür, dass Spuren jüdischen Lebens in Anholt wieder präsent werden: Christine Günther
(li.) und Elisabeth Hennig.
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